Mit dem Fahrrad über Hawaii’s Highway

Mein Hawaii-Abenteuer fing 2012 mit einem Facebook Post von einem Bekannten an, der ein Au-pair Jahr in den USA machte. Ich war sofort der Wanderlust verfallen und kümmerte mich direkt um meine eigene Bewerbung. Im Frühling 2013 stand fest, dass ich im Sommer für ein Jahr nach Long Island, New York gehen würde.

Das Programm war super. Trotz mancher Schwierigkeiten hatte es mir echt gut gefallen. Ich konnte in meiner Freizeit auch viel reisen. Bevor ich im August 2014 wieder nach Hause sollte, hatte ich aber noch einen großen Punkt auf meiner bucket list: Hawaii.

Bis heute ist und bleibt Hawaii mein absoluter Lieblingsfleck auf der Erde. Damals war ich erst 20 Jahre alt und hatte kaum noch Geld in der Tasche. Für mich war es aber völlig in Ordnung eine Woche lang nur von trockenem Toast und frischem Obst zu leben. „Hauptsache Hawaii“, dachte ich mir. Die ersten paar Tage habe ich mich in der Nähe umgeguckt. Morgens bin ich zum Sonnenaufgang auf den Diamond Head gestiegen und habe nachmittags am Waikīkī Beach gelegen. Von meinem letzten Geld mietete ich mir ein Fahrrad und beschloss von der südlichen Seite der Insel zum Waimea Bay Beach im Norden zu strampeln. Wie ich auf die Idee kam? Nun ja, Google Maps sagte, dass es nur vier Stunden mit dem Fahrrad dauern würde. Irgendwie leuchtete es mir in dem Moment nicht ein, dass ich untrainiert nicht 70 Kilometer in vier Stunden bei 30 °Celsius und 76 % Luftfeuchtigkeit fahren kann. Schließlich hatte ich es ja bereits nach Hawaii geschafft. Warum sollte ich es nicht auch dort hinschaffen? Da ich kein Smartphone hatte, musste ich mir die Route anders einprägen. Ich recherchierte alle Straßennahmen und Richtungen bei Google Maps und schrieb sie auf ein Stück Papier.

Challenge accepted

Nur mit einer Kappe, Sonnencreme, zwei Litern Wasser, einem Apfel, zwei Scheiben Toast und einem Handtuch ging es los. Für eine Weile lief es echt gut mit den Angaben auf meinem kleinen Zettel. Aber die Sonne knallte und ich kam nicht wirklich voran. Nach vier Stunden Fahrt sollte ich eigentlich schon am anderen Ende der Insel sein. Ich hatte es „bloß“ bis Pearl Harbor geschafft. Wenn ich jetzt so drüber nachdenke, kann ich eigentlich echt stolz auf mich sein. Denn bis dahin hatte ich schon knapp über 40 Kilometer Fahrradtour hinter mir und das, obwohl ich super unsportlich und allergisch gegen die Sonne bin und auf einer Strecke mit vielen Höhen- und Tiefenunterschieden war.

Abgemüht und längst total verbrannt versuchte ich dennoch an mein Ziel zu kommen. Da gab es nur ein kleines Problem. Mein kleiner Zettel sagte mir, dass ich weiter geradeaus fahren müsste. Allerdings war das die Auffahrt für den Kamehameha Highway. Konnte das wirklich stimmen? Ich suchte nach Leuten, um zu fragen, ob das wirklich der einzige Weg sein würde, und traf einen Soldaten und einen Pastor. Beide versicherten mir, dass das der richtige Weg sei und auch, dass es kein Problem sei, dass ich nur auf einem Fahrrad wäre. Ich vertraute den beiden und machte mich ernsthaft auf den leichtsinnigen Weg, neben den Autos auf die Autobahn zu fahren. Auf der Rampe angekommen sah ich eine endlos lange Straße und viele schnell fahrende Autos. Ich stand für einige Minuten einfach nur da und überlegte, was ich tun sollte. An diesem Punkt sah ich ein, dass ich nicht weiter fahren konnte. Aber aufgeben wollte ich auch nicht. Ich kehrte um, fuhr als Geisterfahrer wieder die Autobahnauffahrt herunter und endete an einer Bushaltestelle. Die kam mir grade echt gelegen. Aber auch hier gab es wieder ein Problem: Mein letztes Geld hatte ich für den Fahrradverleih ausgegeben.

Plan B

Als ich so da rumsaß und mich schon darüber ärgerte wieder 40 Kilometer zurück strampeln zu müssen, ohne den Waimea Bay Beach gesehen zu haben, kam ein Mann auf mich zu. „Was willst du knallrote Tomate denn? Du bist ja total verbrannt“, sagte er. Ich erzählte ihm von meinem Plan und der Mann lachte. Es wäre ein toller Plan aber total verrückt, sagte er. Wir kamen ins Gespräch und Don, 62 und Ex-Marine, wurde mein Held. Er zahlte mein Busticket, zeigte mir, wie ich mein Fahrrad vor den Bus spannen musste und fuhr mit mir ans andere Ende der Insel. Dort angekommen stellte er mich seinen Freunden vor, die einen Food-Truck besaßen. Das Essen ging auf Kosten der Freunde. Don und ich streiften durch die Stadt und kamen an einem Mann vorbei, der Stand-Up-Paddling anbot. Weil Don meinen Plan so witzig fand, erzählte er so ziemlich jedem auf der Straße, was ich vorhatte. Auch dieser Mann war sehr von meinem  Plan amüsiert. Daraufhin gab er mir einen kostenlosen Stand-Up-Paddling-Kurs. Zuletzt machten wir uns auf den Weg zur Waimea Bay. Hier konnten wir schwimmen und uns den Sonnenuntergang ansehen. Das Wasser in der Waimea Bay war das klarste, was ich in meinem Leben gesehen hatte. Das hat mich echt umgehauen.

Anschließend ging es wieder Heim. Nach einer Busfahrt, die mir endlos lang vorkam, fiel ich total erschöpft ins Bett. Erst dann realisierte ich so wirklich, was den Tag über geschehen war. Meine nächsten Abenteuer sollten dann doch wieder in der Nachbarschaft  stattfinden.

Bildquelle: Lara Liguda, Google Maps

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